Auf der Aagtje durch das Wattenmeer

Segelfreizeit der Kinderklinik Tübingen

Seit 2005 führt die Schulstelle Kinderklinik jährlich eine einwöchige Segelfreizeit mit überwiegend onkologisch erkrankten Jugendlichen durch.

Die Idee hierzu entstand ein Jahr zuvor, als ein 17jähriger Patient während der kritischen Phase seiner Knochenmarkstransplantation davon träumte, gemeinsam mit anderen Betroffenen segeln zu gehen. Es gelang ihm, seine Kliniklehrerin davon zu begeistern und gemeinsam machten sie sich an die Planung.

Seitdem ist die Segelfreizeit zu einer festen Einrichtung geworden. Unter medizinischer und pädagogischer Betreuung durch ein interdisziplinäres Team (Arzt, Kliniklehrer, psychosozialer Mitarbeiter oder Pflegekraft und zwei erfahrene Skipper) können bis zu 12 jugendliche Patienten eine Woche auf einem 100 Jahre alten Segelschiff übers Wattenmeer segeln.

Ausgangs- und Zielort ist Harlingen/NL; während der Reise legt das Boot jeden Abend in einem anderen Hafen an. Dort wird gemeinsam gekocht, gegessen und anschließend noch Verschiedenes unternommen (wie z.B. Fahrradtouren, Stadtbummel, Lagerfeuer am Strand,…). Etwas Besonderes, vielleicht sogar Einzigartiges an einer Segelfreizeit ist, dass vor allem während der Segelfahrten jede/r eine Aufgabe übernehmen muss, aber auch kann, weil es Aufgaben aller Schwierigkeitsgrade und Anstrengungsniveaus gibt, weshalb Segeln sich auch für körperlich schwerer beeinträchtigte Jugendliche sehr gut eignet. Obwohl sich die Teilnehmer/innen vorher nicht kennen entsteht schnell ein echtes Gruppengefühl. Die sprichwörtliche Redensart „wir sitzen alle im selben Boot“ wird für alle erlebbar.

Ziel ist es, den schwer erkrankten Jugendlichen nach langen, strapaziösen Krankenhausaufenthalten und intensiven ambulanten Folgebehandlungen wieder die Möglichkeit zu eröffnen, ihrem Alter entsprechende Erfahrungen zu sammeln.

Nach der oft monatelangen Isolationszeit in der Klinik oder zu Hause können so wieder soziale Kontakte geknüpft werden, teils ganz alltägliche Erfahrungen zum ersten Mal überhaupt zu machen (wie z.B. Zwiebelschneiden beim gemeinsamen Kochen an Bord oder das ungeliebte Toiletteputzen). Darüber hinaus stellt die Segelfreizeit eine Art Gegenentwurf zum Klinikaufenthalt dar, einfach schon dadurch, sich viel draußen in der Natur und an der frischen Luft aufhalten zu können, Vertrauen in seine körperlichen Fähigkeiten wiederzugewinnen aber auch, endlich einmal (wieder) weitgehend selbst zu bestimmen, was man wann tun oder lassen möchte

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Segelfreizeit 2016